Paradies
Was ist das?
Ist es nicht ein bisschen oberflächlich, sich die Erfüllung aller materiellen, kulinarischen oder sexuellen Wünsche vorzustellen, wenn es um das Paradies geht? Beschreibungen und Bilder gehen seltsamerweise oft in die Richtung, Völlerei, Prasserei und Männerphantasien mit dem Paradies in Verbindung zu bringen. An die biblische Vorlage halten sich die meisten Künstler nur beim Ort des Geschehens, der fast immer ein Garten ist.
Theologisch ist das Paradies der Zustand, in dem wir Menschen leben durften, bevor es zum Sündenfall kam, also eher ein Terminus für den guten Menschen in einer lebensfreundlichen Umwelt. Der Weg dahin zurück steht uns aber nicht offen – auch nicht über eine noch so große Anstrengung. Bleibt es also bloß eine Erinnerung daran, wo wir herkommen?
Gelegentlich, aber tatsächlich selten, wird das Paradies ernsthaft auch als Zukunftsoption oder als gegenwärtiger Ort erwähnt. Wir möchten ungern naiv genannt werden und überlassen das lieber den Herstellern von Bettwäsche oder den Anbietern von Pauschalreisen. Dabei gibt es durchaus Augenblicke, in denen in unserem Leben das Paradies aufscheint. Und in unserem Denken und Handeln haben wir natürlich vor Augen, wenigstens hin und wieder ein paar paradiesische Momente hinzubekommen.
Georg Rieger, Nürnberg