Mit Covid-19 sterben
Perspektivwechsel
Die Formulierung, dass Alte und Vorerkrankte doch sowieso gestorben wären, hat in der Hochphase der Corona-Pandemie für Empörung gesorgt. Mit solchen Aussagen wurde der Eindruck erweckt, das Leben bestimmter Menschen sei den Aufwand des Lockdowns nicht wert.
Etwas sensibler, aber immer noch problematisch, verlief die Diskussion über einen möglicherweise aufgedrängten und überzogenen Schutz der Menschen in Pflegeheimen oder auch in den Familien zuhause. Wollen wirklich alle derartig geschützt werden oder ist die Isolation und Vereinsamung grausamer als das mögliche Sterben?
Zynisch ist diese Frage, solange sie über die Köpfe der Betroffenen hinweg diskutiert wird. Als eine Erfahrung aus der Pandemie könnten wir aber mitnehmen, dass die potentiell Gefährdeten sich dazu äußern, welche Schutzmaßnahmen sie sich wünschen und auf welche sie lieber verzichten wollen, um ihren Angehörigen nahe sein zu können.
Das erfordert ein unverkrampftes Gespräch über das Leben, über das Sterben und über den Tod, wie wir es so bisher nicht kennen – jedenfalls nicht als gesellschaftliche Aufgabe. Aber vielleicht ist es auch längst überfällig und somit eine Chance für mehr Offenheit.
Georg Rieger, Nürnberg