Können wir allen helfen?
Ob Seenotrettung oder die Aufnahme von Geflüchteten aus Flüchtlingslagern – immer wieder wird das Argument angeführt, wir könnten doch nicht allen helfen. Diese Aussage scheint im ersten Moment einleuchtend, ist aber aus verschiedenen Perspektiven besehen nicht wahr und meint ihrer Intention nach auch etwas Anderes.
Denn in den Fällen, in denen das Argument angebracht wird, ist es meistens sehr einfach zu helfen. Die Organisation der Hilfe ist also nicht das Problem. Es geht eigentlich darum, dass Hilfe aus politischen Gründen nicht gewollt ist. Da dieses Bekenntnis zu offensichtlich hartherzig wäre, wird die Überlastung der eigenen Hilfsbereitschaft vorgeschoben.
Wenn Menschen sich gegenseitig helfen wollen, ist das immer möglich, weil schon der Ansatz dazu meistens eine Hilfe ist. Das gilt gleichermaßen im persönlichen Miteinander wie in der Politik. Das Taktieren mit der Not von Menschen hat aber neben der unmenschlichen Verweigerung von Hilfe auch Auswirkungen auf unser alltägliches Leben.
Die Verweigerung von Hilfe, wo sie ganz offensichtlich nötig ist, ist nicht nur ein Armutszeugnis gegenüber den Hilfsbedürftigen, sondern vergiftet auch das gesellschaftliche Klima unter denen, die es nicht auf die Reihe bekommen. Es führt zu einer Verrohung im Umgang miteinander, so dass gegenseitige Hilfe auch im Alltag als nicht nötig erachtet wird.
Georg Rieger, Nürnberg